Alpenüberquerung E5
Alpenüberquerung E5 - Ötztaler Höhenweg

Alpenüberquerung E5

Nicht nur eine einfache Hüttentour, sondern die Überquerung der gesamten Alpen!
Auf der klassischen Route Oberstdorf – Meran führt die Tour meist entlang des Fernwanderweges E5: Vom Allgäu über die Lechtaler Alpen, das Pitztal und die Ötztaler Alpen bis zu den Palmen in Meran – Blumenwiesen, Gletscher und die Ötzi-Fundstelle inclusive.
Nachdem ich einige Bergtouren im Allgäu unternommen hatte, wollte ich mich an größere Unternehmungen heranwagen. Eigentlich durch Zufall fand ich im Internet die Möglichkeit, die Alpen zu überqueren. Das erschien mir so unglaublich – und war doch real. Realistisch wurde es vor allem dadurch, dass ich gemeinsam mit einer Gruppe einer Bergschule und mit einem Bergführer startete. Und los ging es!
Jahre später, nach mehr als zehn einwöchigen Hüttentouren, möchte ich sagen, daß man nicht mit der Alpenüberquerung beginnen muß. Es gibt genau so schöne oder sogar schönere Touren, die weniger überfüllt sind. Aber damals wollte ich einfach diese unglaubliche Gebirgsüberquerung erleben.

Gehzeit

Maximal 8h pro Tag Insgesamt 32 Stunden

Aufstieg

Max. 1.150 m pro Tag Insgesamt 5.150 Hm

Abstieg

Max. 1.800 m pro Tag Insgesamt 6.800 Hm

Schwierigkeit

Mittel

Als durchschnittlich sportlicher Mensch, der ab und zu joggen geht, war ich der körperlichen Belastung gewachsen. Das traf nicht auf alle Gruppenmitglieder zu. Man sollte also schon etwas trainieren und vielleicht auch mal im Urlaub dreimal 300 Höhenmeter bergauf laufen, um zu testen, ob man das insgesamt in drei bis 4 Stunden schafft.
Ich lief 2009 auf der klassischen Route Oberstdorf-Meran mit der Bergschule Oberallgäu. Sie bezeichnet sich als Erfinderin der Alpenüberquerung. Heute werden von mehreren Bergschulen viele Alternativrouten für die Alpenüberquerung angeboten, einschliesslich solcher für die Zielgruppe 50+, Singles und Komfort.
Ab dem Treffpunkt am Oberstdorfer Bahnhof geht es per Kleinbus bis nach Spielmannsau. Direkt vor dem urigen Berggasthof werden wir ausgeladen. Wenn man über die „gesamten“ Alpen will, kann man sich halt nicht mit einem zu langen Anmarsch schon am Anfang aufhalten. Auf dem Weg von dort zur Materialseilbahn der Kemptner Hütte konnte man sich mit den ersten Mitwanderern bekanntmachen. Unter ihnen waren einige dabei, deren Ehe- oder Lebenspartner die Strapazen einer Alpenüberquerung (und der Übernachtung im Matratzenlager) nicht auf sich nehmen wollten, die sich selbst dieses Erlebnis aber nicht nehmen lassen wollten. Es gab sogar Teilnehmer, die nach einem überstandenen Herzinfarkt sozusagen in ein neues Leben starteten.
Die ca. 30 Teilnehmer der Tour wurden tagsüber in drei Gruppen mit je einem Bergführer aufgeteilt.  

Wenn Du lieber schauen willst, dann geht es schon hier…

1. Tag: Spielmannsau - Kemptner Hütte

Der Pfad durch den Sperrbachtobel bergauf zur Kemptner Hütte führt Ende Juni noch durch eindrucksvolle Tunnel im Altschnee hindurch und auf Schneebrücken über den Tobel hinweg. Nach dem abendlichen Drei-Gänge-Menü in der Hütte (köstlich!) „bestiegen“ wir noch – ohne Rucksack – den nächstgelegenen grasbewachsenen Hügel und genossen die Aussicht. Dort gab es ausreichend Mobilfunk-Empfang, um eine SMS zu versenden. Dabei wurde mir so richtig klar, wie angenehm das Bergwandern ohne Rucksack sein kann. 

Kleiner Tipp:
Mein Rucksack war (zu) klein und enthielt die Ausrüstung der empfohlenen Packliste. Die Softshell-Jacke hatte ich aussen auf den Rucksack draufgeschnallt. Ich glaube, er hatte 8 kg Gewicht plus Fotoapparat (damals eine Spiegelreflexkamera mit Zoomobjektiv) plus 1 bis 2 l Wasser.  Später kaufte ich mir einen größeren Rucksack (42l). Mit etwas mehr Volumen packt es sich einfach viel bequemer. Gleichzeitig optimierte ich das Gepäck und reduzierte das Packgewicht spürbar unter 8 kg.

2. Tag: Kemptner Hütte - Memminger Hütte

Am nächsten Morgen ging es über die österreichische Grenze nach Holzgau und von dort mit dem Sammeltaxi über Madau zur Talstation der Materialseilbahn der Memminger Hütte. Der Aufstieg zur Hütte erfolgte also wieder nur mit leichtem Gepäck. Die Hütte war sehr gut besucht. Hier kreuzen sich vier Fernwanderwege: E5, E6 und Varianten der Via Alpina und des Adlerwegs. So ist die Hütte Etappenziel und Übernachtungsmöglichkeit auch für die vielen E5-Alpenüberquerer wie uns.
Am Abend bestiegen wir den Seekogel (2.412 m). Von dort hat man eine gute Aussicht auf die umliegenden Berggipfel und auch auf die Memminger Hütte und den Unteren Seewisee. 

3. Tag: Memminger Hütte - Zams

Vorbei an den drei Seewiseen führte uns unsere Tour am nächsten Morgen steil aufsteigend zur Seescharte (2.599 m). Von dort begann der  1.800 Höhenmeter lange Abstieg ins Oberinntal bis nach Zams. An der engsten Stelle der Scharte wurde die dort wohl übliche touristische Fotosession veranstaltet. Beim weiteren Abstieg stolperte eine Wanderin aus unserer Gruppe an einer eigentlich harmlosen Stelle unglücklich und zog sich eine Unterschenkelfraktur zu. Gut, dass der Bergführer sehr schnell einen Hubschrauber organisieren konnte. Dieser landete allerdings 800 Hm tiefer auf einer Waldwiese an der Oberlochalm (1.809 m). So wurde die Wade mit „Tape“ straff umwickelt und die Bedauernswerte musste bis dorthin noch absteigen. Respekt!
Eine Einkehr war in der damals von einer Lawine zerstörten Oberlochalm leider nicht möglich.  Das holten wir in der Unterlochalm (1.445m) nach. Der weitere Abstieg bis Zams gestaltete sich endlos und trocken (das Trinkwasser war mir ausgegangen). Schön, im Gasthof wieder mal im Bett zu übernachten und problemlos zu duschen. Dort trafen wir beim Bier unsere Wanderfreundin wieder – gut gelaunt aus der Klinik zurück, allerdings mit Gipsbein.

4. Tag: Zams - Braunschweiger Hütte

Von Zams aus ging es frühmorgens mit der ersten Fahrt der Venetbahn hinauf zum Krahberg. Von dort wanderten wir auf dem Panoramaweg über die Gaflun-Alm (1.961 m) bis nach Wenns. Dabei hatten wir eine wunderschöne Aussicht ins Inntal. Als markantester Punkt fällt die zweitürmige Pfarrkirche der heiligen Barbara in Fliess ins Auge. Um die Alpenüberquerung in nur einer Woche zu bewältigen, muss man sehr schnell sein. Deshalb ging es nun per Bus von Wenns bis ans Ende des Pitztales. Damit hatten wir mindestens 3 Wandertage „gespart“. In der Talschlusshütte warteten wir auf das Ende des Regens. Dann kam das Signal vom Wanderführer, dass es nun eine Regenpause geben wird, die genau ausreicht, um zur Braunschweiger Hütte aufzusteigen. Beim Aufstieg mussten wir uns sehr auf die großen nassen Felsblöcke konzentrieren und bekamen nur wenig von der atemberaubenden umliegenden Bergwelt  mit ihren Gletschern mit. Erst bei Ankunft auf der Hütte (2.759 m) begann der Regen erneut.

5. Tag: Braunschweiger Hütte - Martin-Busch-Hütte

Nach dem gestrigen Regen wurden wir am nächsten Morgen mit Sonnenschein und Blick auf die Wildspitze (zweithöchster Berg Österreichs 3.770 m) geweckt. Zunächst stiegen wir zum Rettenbachjoch (2.995 m) auf. Danach ging es in fröhlichen Sprüngen durch Tiefschnee parallel zum (heute stillgelegten) Viersessel-Lift hinunter zur Talstation des Lifts in 2.670 m Höhe. Nach einer kurzen Busfahrt durch den Gletschertunnel des Tiefenbachgletschers genossen wir den Panoramaweg hoch oben über dem Ötztal. Zum Glück war er Ende Juni nicht mehr verschneit. Dieser Teil des Weges weicht von der E5-Route ab, ist aber wirklich besonders schön. Der Talgrund des oberen Ötztales selbst ist nicht zu sehen. Dafür kann man den Blick nicht von den schneebedeckten Gipfeln auf der Ostseite des Ötztales und von der Wildspitze im Süden wenden. Bäche mit Schmelzwasser queren unseren Weg und Wiesen wechseln mit Schneefeldern ab. Im Bergsteigerdorf Vent (ca. 150 Einwohner) an der Venter Ache gönnten wir uns eine ausgiebige Mittagspause. Gut gestärkt liefen wir noch die 2 Stunden bis zur Martin-Busch-Hütte.

6. Tag: Martin Busch-Hütte - Vernagt-Stausee - Meran

Am letzten Tag verliessen wir die Hütte mit den beiden höchsten Punkten der Tour als Ziel: Similaunhütte und Ötzifundstelle. Der Weg bergauf war steinig und führte in Gebiete mit karger Vegetation. Wir spürten, wie weit oben wir im Hochgebirge angekommen waren und wie weit weg von der Zivilisation. Die Ötzi-Fundstelle beweist das Gegenteil, der leckere Kuchen in der Similaun-Hütte (3.019 m) auch. Von der Ötzi-Fundstelle gibt es einen fantastischen Blick auf die südlich davon gelegene Bergwelt und von der Hütte auf den Similaun-Gletscher.

Dem zunächst steilen Abstieg in Richtung Vernagt-Stausee folgten Pfade durch bühende Blumenwiesen. In der Nähe des Stausees gab es eine Jause im seit dem Mittelalter bestehenden Tisenhof. Von dort brachte uns der Bus nach Meran. Wir waren im Süden angekommen. Nach Tagen in der einsamen Bergwelt umfing uns ein alpin-mediterranes Flair: Der Blick auf die Berge der Texelgruppe wurde von Palmen gesäumt. Nach einem geselligen Abend in den Lauben ging es am Abreisetag per Bus zurück über die Alpen nach Oberstdorf.

Die Route der einzelnen Etappen kann man auch heute noch (im Jahr 2021) auf der Internetseite der Bergschule Oberallgäu nachlesen.  Die Tour bin ich im Jahr 2009 gegangen.