Auf den Spuren der Walser
Mohnenfluh (2.544 m) mit Butzensee

Auf den Spuren der Walser

Der „Walserweg“ in den Alpen folgt den alten Wanderrouten und Siedlungsgebieten der Walser. Bergwandern mit Geschichte, Kultur und der Lebensweise eines Volkes zu verbinden, finde ich eine gute Idee. Auf der Internetseite Vallesiana (www.emigration-valais.ch) habe ich eine kurze und treffende Information über die Auswanderung der Walser im 12./13. Jahrhundert gefunden: „Die Verbreitung der Walser ist kein Auswanderungsphänomen; die Siedler verlassen ihre Heimat in kleinen Gruppen und zu verschiedenen Zeiten. Die Walser gebärden sich nicht als Eroberer, sondern als diskrete Siedler, sie besiedeln Gebiete in Höhenlagen, die im Allgemeinen nicht oder nur wenig bevölkert sind.“ Im Jahr 2012 habe ich mir eine einwöchige Hüttentour auf diesem „Walserweg“ vorgenommen. Die ausgewählte Bergwanderung mit der Alpinschule Oberstdorf  führt von Baad im Kleinwalsertal (Österreich) bis nach Langwies und Chur in der Schweiz.

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Gehzeit

Maximal 8 h pro Tag Insgesamt 37 Stunden

Aufstieg

Maximal 1.400 m pro Tag Insgesamt 5.050 Hm

Abstieg

Maximal 1.350 m pro Tag Insgesamt 5.900 Hm

Schwierigkeit

Mittel

1. Tag: Baad - Körbersee

Mit dem Linienbus gelangen wir vom Treffpunkt in Oberstdorf ins benachbarte Kleinwalsertal, durchfahren das ganze Tal und starten an der Endstelle des Busses in Baad unsere Wanderung. Erstmals wandern wir nicht im Juli, sondern Mitte September. Angeblich soll die Luft im Herbst trockener und die Fernsicht viel besser sein. Wir sind gespannt. Tatsächlich ist es heute angenehm warm und nach dem Aufstieg aus dem Bergunttal haben wir am alten Zollhaus (verfallen) gute Aussicht auf den Hochtannbergpass. Am Großen Widderstein vorbei erreichen wir nach Überquerung der Passstrasse auf gemütlichen Wegen bald das malerisch gelegene Wanderhotel am Körbersee (1.675 m).

2. Tag: Körbersee - Göppinger Hütte

Der erste volle Wandertag beginnt warm und wird sogar heiss. Deshalb nehme ich bei einer Rast am Butzensee (2.124 m) unterhalb der Mohnenfluh (2.544 m) bei gefühlten 30 Grad C ein erfrischendes Bad in dem eiskalten kleinen Bergsee. Beim weiteren Aufstieg Richtung Göppinger Hütte beginnen schon dunkle Wolken aufzuziehen. Klugerweise verzichten wir auf eine Besteigung der Braunarlspitze und laufen zügig weiter. Genau beim Erreichen der Göppinger Hütte (2.245 m) beginnt es zu regnen. Glück gehabt! Der Himmel verdunkelt sich weiter. Der Regen wird viel stärker und es beginnt zu hageln. Später sehen wir die nun wieder sonnenbeschienene und weisse Umgebung der Hütte vor einem total schwarzen Hintergrund aus Gewitterwolken. Warme Sachen und Regenbekleidung haben wir dabei, aber solch ein Wetter erträgt sich in der Hütte doch besser, als draussen.

3. Tag: Göppinger Hütte - Lindauer Hütte

Der nächste Morgen war eisig. Wir wandern zur Oberen Alpschellalpe und es wird nach und nach wärmer. Dort werden wir nicht nur verköstigt, sondern bekommen vom damaligen, wohl 80-jährigen Besitzer zusätzlich ein kleines Konzert auf dem Alphorn geboten. Danach steigen wir bis in den Ort Buchboden ab. Dort besuchen wir in einem 400 Jahre alten Walserhaus das Walsermuseum. Dort lernen wir Geschichte, Kultur und Brauchtum der Walser kennen, so dass sich ihr damaliges entbehrungsreiches Alltagsleben nachempfinden lässt.
Mit einem Kleinbus fahren wir über die Fünf-Täler-Stadt Bludenz nach Vandans im Montafon. Diese Themen-Touren bieten den Vorteil, dass man sich tatsächlich mit der Historie und Kultur, z.B. der Walser, vertraut macht oder eben, wie vor zwei Jahren, die Alpen wirklich überquert. Die Abgeschiedenheit einer Berghütte liegt mir trotzdem mehr, als eine in die Wanderung zwischengeschaltete Autobahnfahrt. Das ist natürlich Geschmackssache. 
Von Vandans bringt uns die Golmerbahn wieder zurück auf Bergwander- Höhe. Über einen Panoramaweg mit schöner Aussicht wandern wir zur Lindauer Hütte (1.744 m), unserem Tagesziel.

4. Tag: Lindauer Hütte - St. Antönien (CH)

Schon am Vorabend begann es Herbst zu werden und ein starker, dauerhafter Regen setzte ein. Der zwingt uns an diesem Morgen die Regenbekleidung schon zu Beginn der Wanderung anzulegen. Beim zweistündigen Aufstieg zur österreich-schweizerischen Grenze wird trotzdem die gesamte Kleidung durchnässt. Der Bergführer benutzt einen kleinen Regenschirm. Zuerst bin ich erstaunt, aber das ist offenbar keine schlechte Lösung für Kopf, Schultern und Rücken. Als ich am Grenzschild in 2.000 m Höhe bei Temperaturen nahe Null Grad Handschuhe und Mütze aus dem unteren Fach meines neuen Rucksacks holen will, steht dieses Fach voller Wasser. Ich kann nicht sagen, ob das Wasser an den Rändern des Regenüberzuges nach unten geflossen ist oder vom Zwischenraum zwischen Rücken und Rucksack kommt. Jedenfalls bin ich jetzt richtig durchnässt und durchgefroren. Nässe ist schlimmer als Kälte! Nichts vom Gipfel der Sulzfluh (2.817 m) ist zu sehen, nur dichte Wolken und Nebel. Eigentlich war ein Aufstieg dort hinauf geplant. Wir erreichen die Carschinahütte (2.236 m), wo wir eine Suppe esssen, heißen Tee trinken und uns aufwärmen. Aber auch gewechselte trockene Strümpfe in nassen Schuhen bringen keine Erleichterung. Ich nehme mir vor, neue Schuhe zu kaufen. Nach einem Wiesenabstieg finden wir in der Nähe von Partnun eine Ausleihstation für Roller (Trottinetts). Damit ersparen wir uns, die 10 km bis ins Dorf zu laufen. Mir hat das schnelle Fahren Spaß bereitet, aber man darf dabei nicht ins Schleudern kommen. In St. Antönien angekommen, kehren wir im Gasthaus ein und ordern ohne Rücksicht auf Schweizer Preise Heissgetränke. In der Unterkunft gibt es einen Heizungsraum, wo wir unsere Sachen bis zum nächsten Morgen trocknen können. Zum Glück finden sich drei Mitspieler für einen abwechslungsreichen Doppelkopfabend. Das lässt uns das schlechte Wetter vergessen.

5. Tag: St. Antönien - Berghaus Erika (Schlappin)

Der Morgen beginnt mit Schnee. Kein Problem – bei mir ist alles trocken und warm. Für einen Sommerurlaub sieht es sehr weihnachtlich aus. Wir ändern unsere ursprünglich geplante Route, passieren das Fürggli (2.255 m) und gehen den Prettigauer Höhenweg entlang. Völlig beeindruckt sind wir  von der uns umgebenden Winterlandschaft. Im Tal sieht man Klosters, den bekannten Wintersportort. Dann steigen wir ab nach Schlappin und nehmen Quartier im Massenlager des Berghauses Erika. Noch ist das Wetter kalt und schlecht. Deshalb ist der Whirlpool und die Sauna im Nebengebäude ein absolutes Highlight.  Wieder aufgewärmt, verbringen wir den Nachmittag und frühen Abend in der Gaststube. Der Wein wird zu 0,1 l angeboten und entspricht nicht meinem verbliebenen Budget für den langen Abend. Kurioserweise ist mein geliebter Williams erschwinglich. So prosten wir uns damit auf besseres Wetter zu.

6. Tag: Klosters - Langwies

Nun scheint langsam der Altweibersommer anzubrechen. Wir fahren früh mit dem Kleinbus nach Klosters und mit der Gotschnabahn hinauf auf die Berge auf der andere Talseite. Strahlender Sonnenschein begrüßt uns. Nachdem wir über den Parsennfurgga (2.435 m) hinweg sind, verschwindet auch der Schnee. Der Grünsee ist von frischem Grün umgeben. Im Fondeital bewundern wir die typischen alten Schweizer Bauernhäuser und steigen lange ab bis Langwies. Vom Bahnhof Langwies benutzen wir bis Chur die Rhätische Eisenbahn. Ich fahre zum ersten Mal in der Schweiz mit der Bahn und plane, das später unbedingt einmal wieder zu tun. Es ist wunderbar, direkt durch die Natur zu fahren und herrliche Ausblicke geniessen zu können. Die technische Realisierung der Strecke mit ihren Kurven, Brücken und Tunneln beeindruckt zusätzlich.