Bergwandern im heimatlichen Allgäu – ist das nicht etwas Großartiges? Warum gößere Entfernungen und Anfahrtswege auf sich nehmen, wenn man auch im deutschen Süden wunderbare Bergtouren unternehmen kann. Die Steinbock-Runde bietet blühende Wiesen, hohe Gipfel, eine Gletscherüberquerung und als Höhepunkt den Heilbronner Höhenweg – einen der schönsten alpinen Höhenwege Deutschlands. Reizvoll sind Begegnungen mit der Tierwelt. Selbst mit der Wandergruppe kann man Steinadler, Gemsen und vor allem Steinböcke beobachten. Die Tour beginnt in Oberstdorf, führt über Mindelheimer Hütte, Rappenseehütte, Kemptner Hütte, erreicht dabei den südlichsten Punkt Deutschlands am Haldenwanger Eck und endet wieder in Oberstdorf.
In diesem Jahr (2011) wanderten wir mit der Alpinschule Oberstdorf. Der eigentliche Grund für diese Wahl waren unsere freien Termine und die verfügbaren Plätze der verschiedenen Bergschulen. Wir – das sind immer noch drei von denen, die sich auf der Alpenüberquerung vor zwei Jahren kennengelernt hatten. Die anderen waren leider verhindert. Aber – wir haben auf dieser Tour eine neue Mitwanderin kennengelernt.
Wenn Du lieber schauen willst, dann geht es schon hier…
Gehzeit
Maximal 6 h pro Tag Insgesamt 30 Stunden
Aufstieg
Maximal 1.090 m pro Tag Insgesamt 4.550 Hm
Abstieg
Maximal 1.170 m pro Tag Insgesamt 4.350 Hm
Schwierigkeit
Leicht (1. Hälfte) / Schwer (2.Hälfte)
1. Tag: Oberstdorf - Berghaus Schönblick
Es ging sehr gemütlich los mit dem Aufstieg vorbei am Freibergsee zum Berghaus Schönblick. Zum „Einschwingen“ ganz gut, aber vielleicht etwas zu gemütlich. Die nächsten Tage sollte es genauso gemütlich weitergehen. „Fast wie im Urlaub“, scherzte ich.
2. Tag: Berghaus Schönblick - Fiderepasshütte
Am nächsten Tag wanderten wir den Grat entlang über die Söllerköpfe zum Fellhorn. Schöne Wiesenblumen begleiteten den Weg und die Aussicht ins Kleinwalsertal und der Blick auf den Hohen Ifen.
Nach der Durchquerung des Kühgunds (Gund ist wohl die alte Bezeichnung für Hochmulde) stiegen wir steil zur Fiderepasshütte (2.070 m) auf. Im Tourenprogramm 2021 der Alpinschule wird gleich am ersten Tag zur Fiderepasshütte aufgestiegen, jedoch nach einer Fahrt mit der Fellhornbahn.
Kleiner Tipp:
Ich bin ein Freund davon, unterwegs von einer Quelle oder aus einem Gebirgsbach zu trinken. Das geht in größeren Höhenlagen problemlos, soweit man sicher sein kann, dass oberhalb kein Vieh weidet. Aber es funktioniert nicht bei einer Wanderung auf einem Gebirgskamm entlang. Mit weniger Wasser im Rucksack trägt man weniger Gewicht. Das ist sehr angenehm. Man muss das also streckenabhängig planen und trotzdem vorsichtig sein.
3. Tag: Fiderepasshütte - Mindelheimer Hütte
Auch der Folgetag über den Krumbacher Höhenweg zur Mindelheimer Hütte verlief geruhsam. Zeit zum Fotografieren. Hier gibt es tatsächlich noch Steinadler zu sehen.
Der Nachmittag bot einen Aufsteig zum Geißhorn (2.366 m) mit Blick auf die Berge des Hauptkamms der Allgäuer Alpen. Am bekanntesten ist wohl das Dreigestirn aus Trettachspitze, Mädelegabel und Hochfrottspitze. Über die Flanken dieser Berge wird uns unsere Tour in den nächsten Tagen führen. Bei der Betrachtung des Hauptkammes schliessen sich weiter südlich die Berge rund um die Rappenseehütte mit dem höchsten Berg dieser Berggruppe, dem Hohen Licht (2.651 m) an. Der mächtige Biberkopf bildet als südlichster Berg Deutschlands den Abschluss des Bergkammes.
4. Tag: Mindelheimer Hütte - Rappenseehütte
Bei strahlendem Sonnenschein brachen wir auf, um im großen Bogen bis zur Rappenseehütte zu gelangen, der größten Hütte des deutschen Alpenvereins. Unterwegs kamen wir in der Nähe des Haldenwanger Ecks vorbei. Die letzten Meter zum berühmten Grenzstein 147, der Tirol, Vorarlberg und Bayern trennt und den südlichsten Punkt Deutschlands markiert, stiegen wir leider nicht auf. Abends in der Rappenseehütte angekommen, begrüßte uns ein weiterer Bergführer, der sich unserem Bergführer zur Unterstützung und zur zusätzlichen Sicherheit zur Seite stellte. Die Bergschule nahm den für den nächsten Tag geplanten und anspruchsvollen Heilbronner Höhenweg mit „Touristen“ in der geführten Gruppe also recht ernst. Der Wetterbericht kündigte Gewitter an und tatsächlich verzichteten zwei Teilnehmer aus unserer Gruppe deshalb auf die weitere Tour.
Eine Wanderin gab wohl auch wegen ihrer großen Blasen an den Füßen auf, die sie sich gelaufen hatte. Ich schwöre ja auf eingelaufene Schuhe und normale Strümpfe und wenn es doch einmal nicht funktioniert auf die modernen Blasenpflaster.
Aber das blasenfreie Bergwandern scheint auch ein wenig Veranlagung und Glückssache zu sein.
5. Tag: Rappenseehütte - Kemptner Hütte
Der nächste Tag brachte zum Glück Sonnenschein und ab Mittag Wolken, aber keine Gewitter.
Der Heilbronner Höhenweg ist für schwindelfreie und trittsichere Wanderer kein Problem und ein wirklich beeindruckendes Erlebnis. Das bedeutet nicht, dass man nicht aufpassen muss. Konzentriert schauen, wo man den nächsten Tritt hinsetzt und wo man sich festhält, ist natürlich Grundvoraussetzung. Die bewältigten Hindernisse bereiten Freude und die wechselnden Ausblicke auf die Allgäuer Bergwelt sind grandios. Das absolute Highlight bildet die Brücke ganz oben auf dem Steinschartenkopf (2.615 m).
In der Nähe der Bockkarscharte hat man Ausblick auf das Waltenberger Haus. Das stand damals noch vor dem Neubau. Heute (2021) führt die Tour dort hinab- und am nächsten Tag wieder hinauf. Wir stiegen damals nicht ab und wieder auf, sondern gingen weiter über den Schwarzmilzferner bis zur Kemptner Hütte. Somit wurde es eine recht weite Etappe, bei der sich nach dem Heilbronner Höhenweg noch die Überquerung des Schwarzmilzferners anschloss. Dort beobachteten wir tatsächlich ein Rudel Steinböcke aus relativ geringer Distanz.
Der Schwarzmilzferner ist der letzte Gletscher der Allgäuer Alpen. Er liegt südlich der Mädelegabel auf Tiroler Gebiet, also in Österreich. Vor 100 Jahren hatte er noch eine Stärke von 60 m. Laut Berichten aus dem Internet ist heute (2021) nur noch ein kümmerlicher Rest vorhanden. In ein paar Jahren wird er ganz verschwunden sein. Sehr schade, dass ich ihn meinen Enkeln dann nicht mehr zeigen kann. Vielleicht gelingt es bei den Steinböcken, ihr weiteres Überleben zu sichern. Sie leben oberhalb der Baumgrenze in Höhen von über 2.200 m und stehen unter strengstem Naturschutz.
Die Kemptner Hütte mit ihrer sehr guten Gastronomie kannte ich noch von der Wanderung von vor zwei Jahren. Nach Kaffee und Kuchen auf der Sonnenterasse kam abends doch der Regen auf.
6. Tag: Kemptner Hütte - Spielmannsau/Oberstdorf
Beim Start am nächsten Morgen mussten wir tatsächlich noch die Regenbekleidung testen. Beim Abstieg wurden wir weniger von oben naß, als von dem herstürzenden Wasser von den seitlichen Felshängen. Von Spielmansau nach Oberstdorf ging es mit dem Kleinbus der Bergschule. Die Verabschiedung in Oberstdorf hatte den Trost, dass es im darauf folgenden Sommer wieder eine gemeinsame Hüttentour geben sollte.





