Stille Silvretta
Stille Silvretta Piz Tasna

Stille Silvretta

Als Gegenstück zum Skizirkus kann man etwas abseits von Ischgl in der Stillen Silvretta wunderbar bergwandern gehen.
Hier findet man mehrere leicht zu besteigende Dreitausender, die phantastische Aussichten auf die Schweizer Bergwelt bieten. Mehrere Touren führen uns in die Umgebung der Heidelberger Hütte, ehe wir vom Fimbatal ins Jamtal wechseln.

Wenn Du lieber schauen willst, dann geht es hier…

Gehzeit

Maximal 8h pro Tag Insgesamt ca. 38 Stunden

Aufstieg

Maximal 1.100 m pro Tag Insg. ca. 5.110 Hm

Abstieg

Maximal 1.100 m pro Tag Insg. ca. 4.830 Hm

Schwierigkeit

mittelschwer

1.Tag: Ischgl - Heidelberger Hütte

Relax! If you can… Mit diesem Werbespruch wurden wir in Ischgl empfangen.
Dazu Plakate und Fotos von Menschenmassen als Konzertbesucher in den verschneiten Bergen.
Im Sommer ist Ischgl allerdings menschenleer. Wir konnten also gut relaxen. Ausser unserer Gruppe von Bergwanderern benutzte keiner die unterirdische Rolltreppe bzw. Laufbänder.
Etwas irritiert von der ganzen Atmosphäre brachen wir zur Heidelberger Hütte (2.264 m) auf. Nach etwa 4 Stunden Gehzeit durchs schöne Fimbatal und nach 900 Höhenmetern erreichten wir nach Überquerung der österreichisch-schweizerischen Grenze die Hütte.
Die Hütte bietet abseits des Massentourismus das perfekte Alternativprogramm – Natur, Ruhe und Gemütlichkeit. Während die Hütte etwa 8.000 Besucher pro Jahr zählt, sind es in Ischgl 25.000 – allerdings pro Tag (Im Februar. Stand 2014).
Zum ersten mal unternahm ich eine Standort-Hüttentour. Also Wanderung mit leichtem Gepäck. Erst am vorletzten Tag wechselten wir die Hütte und wanderten über gleich mehrere Dreitausender zur Jamtalhütte hinüber.
Die Heidelberger Hütte war damals (2014) nicht modernisiert und sehr gemütlich. Allerdings wurde sie mit einer Ölheizung betrieben anstelle von Strom aus vorhandener Wasserkraft.
Vermutlich sind hier größere Baumassnahmen schwer zu organisieren, denn die Hütte steht auf Schweizer Gebiet, ist nur von Österreich aus mit Fahrzeugen zu erreichen und wird vom Deutschen Alpenverein (Sektion Heidelberg) betrieben.

2. Tag: Besteigung des Piz Davo Lais (3.027 m)

Die erste Gipfeltour führte uns von der Heidelberger Hütte flach ansteigend einen Wiesenweg entlang durchs Fimbatal nach Süden. An der Foppa Trida (2.547 m) bogen wir in östlicher Richtung ab.
Beschrieben wird die Foppa Trida als kleine Hochebene mit einzigartiger Vegetation. Zumindest die bunte Blumenpracht konnten wir bewundern. Durch grobes Block-Gelände gelangten wir zum Sattel (Fuorcla) Davo Dieu (2.807 m).
Von hier aus bot sich ein guter Ausblick auf den beeindruckenden Piz Tasna. Nun ging es die nicht allzu steile Südwestflanke hinauf zum Gipfel. Dort erwartete uns trübes Wetter und nur mäßige Sicht.
In den Schneeresten ganz oben fand sich sogar ein verstecktes Gipfelbuch, in das wir uns natürlich eintrugen.

3. Tag: Lareintal

Heute planten wir ein Rundweg ins benachbarte Lareintal. In steilen Serpentinen ging es hinauf zur Heidelberger Scharte (2.819 m) und von dort wieder hinunter zum Lareinbach, der hier in einem menschenleeren, felsigen Tal fließt.
Ein Weg war kaum markiert und nur schwer zu finden. Wir überquerten den Bach. Weiter abwärts wurde die Vegetation wieder dichter und grüner bzw. röter wegen der blühenden Alpenrosen.
An einer Jagdhütte (Zollhütte?) gab es einen Steg zurück auf die andere Seite des Bachs und einen Steig hinauf zum Ritzenjoch.
Der Blick vom Joch zurück auf die steil herausragende Felsspitze wirkte fast bizarr.

4. Tag: Aufstieg zur Breiten Krone (3.079 m)

Den zweiten Dreitausender auf dieser Tour visierten wir bei wesentlich besserem Wetter an: Die Breite Krone.
Der Vorteil einer Standortwanderung liegt im heimeligen Gefühl, in der einen Hütte „zu Hause“ zu sein. Evtl. nasse Kleidung kann im Trockenraum hängen bleiben und das Waschzeug bleibt im Regal stehen.
Der weitere Vorteil – das geringere Gewicht des Rucksacks- fällt allerdings kaum ins Gewicht. Warme Kleidung und Regensachen, Fotoapparat und Proviant müssen ja eh mitgenommen werden.
Ein kleiner Nachteil ist der oft gleichbleibende Weg nach dem Start. Vorbei an den pfeifenden und uns aus der Ferne beäugenden Murmeltieren ging es wieder in südlicher Richtung das Fimbatal hinauf bis zum Kronenjoch.
Genauer gesagt bis zum Falschen Kronenjoch (2.958 m). Der Aufstieg von dort zur Breiten Krone ist leicht und absolut lohnenswert. Es bietet sich ein phantastischer Ausblick in alle Himmelsrichtungen:
Im Norden die schneebedeckten Fluchthörner, im Süden bis tief hinein in die Schweizer Bergwelt und hinab ins Val Urschai mit dem Bergsee La da Fasch Alba im Vordergrund, in westlicher Richtung bestaunt man den Hängegletscher Vadret Futschöl und den Piz Buin.
Beim Abstieg unternahmen wir noch einen Abstecher zum Tasna Pass und kehrten dann zurück „nach Hause“.

5. Tag: Heidelberger Hütte-Dreiländereck-Jamtalhütte

Zum letzten mal ging es das Fimbatal aufwärts. Mit vollem Gepäck. Der Rucksack erwies sich doch als viel schwerer, als gestern. Diesmal ging es bis zum „richtigen“ Kronenjoch (2.980 m).
Nun folgten zwei weitere leicht zu erreichende Dreitausender Gipfel: Die Bischofsspitze (3.029 m) und und der Grenzeckkopf (Piz Faschalba 3.048 m).
Es herrschte sonniges Wetter und wir hatten grandiose Sicht. Der Weg folgte seit dem Kronenjoch immer dem Grenzverlauf zwischen Österreich und der Schweiz. Am Grenzeckkopf biegen Grenze und Weg rechtwinklig nach Westen ab.
Die geografische Bezeichnung Dreiländereck hat ihren Ursprung übrigens im Zusammentreffen der drei Bundesländer Tirol, Vorarlberg und Graubünden.
Von nun an folgte der Weg dem Grat über Schneefelder immer schmaler und schwieriger werdend bis zum Futschölpass (2.768 m). Von dort stiegen wir ins Futschöltal ab. Gleich am Anfang passierten wir eine alte Zollhütte.
Interessant, wo überall Waren transportiert und Zoll erhoben wurde. Ebenso zeugt weiter talabwärts der Finanzerstein, ein großer Findling, vom Kampf zwischen den Zollbehörden und den Schmugglern.
Im Internet fand ich folgende Erklärung dafür: „Der Ausgangsort Galtür (Österreich) wurde teilweise aus dem Engadin (Schweiz) besiedelt und hatte seit dem Mittelalter Zinsverpflichtungen ins Engadin.
Seit etwa 1500 hatte der Futschöl-Pass große Bedeutung als Saumpass zwischen dem Engadin und dem Paznauntal.
Zu diesem Zeitpunkt bildeten die beiden Ausgangsorte Galtür und Ardez eine gemeinsame Pfarrei und der Kontakt war, trotz des hohen, trennenden Gebirgskamms, eng.
Im 20. Jahrhundert diente der Pass dem Schmuggel, unter anderem mit Tabak, Kaffee und Saccharin.“
Wieder im Heute und Jetzt ging es durch Blumenwiesen und entlang des teilweise tief eingeschnittenen Futschölbaches hinab bis zur Jamtalhütte (2.165 m).
Zitat aus Wikipedia: „Am 22. Februar 1999 wurde die Hütte durch zwei Staublawinen stark beschädigt. Menschen kamen nicht zu Schaden. Einen Tag später, am 23. Februar 1999, starben durch die verheerende Lawinenkatastrophe von Galtür 38 Menschen,
unter ihnen die beiden Hüttenwirtinnen Hildegard und Edith Lorenz, Angehörige des jetzigen, seit 1995 tätigen Pächters Gottlieb Lorenz… 1999 wurde die Hütte umfassend repariert und lawinensicher gemacht.“

6. Tag: Jamtalgletscher

Mit erneut nur leichtem Gepäck stiegen wir heute entlang des Jamtalgletschers bergauf zum Rußkopf (2.693 m). Vom Gipfel mit der steinernen Markierung hat man nicht nur einen grandiosen Ausblick auf das Jamtal im Norden,
sondern auch auf den Jamtalgletscher im Süden.
Laut Internet hatte der Gletscher im Jahr 2008 eine Fläche von 3,31 km² und lag in Höhen zwischen 3160 und 2430 m. Seit 1988/1989 wird jährlich die Massenbilanz des Jamtalferners im Auftrag des Hydrographischen Dienstes
der Abteilung Wasserwirtschaft des Amtes der Tiroler Landesregierung gemessen.
Die Längenänderung des Jamtalferners wird schon deutlich länger vom Gletschermessdienst des Österreichischen Alpenvereins aufgezeichnet.
Als wir einige Schritte auf dem Gletscher unternahmen, trafen wir eine Wissenschaftlerin bei ihrer Arbeit. Traurig, dass das in absehbarer Zukunft wohl nicht mehr möglich sein wird.
Zurück bei der Jamtalhütte liefen wir mit Gepäck durch das schöne Jamtal zurück bis fast nach Galtür. Von dort brachte uns ein Shuttle der Bergschule zurück nach Ischgl. Eine besonders schöne Wanderwoche ging zu Ende. Bis nächstes Jahr!